Donnerstag, 28. März 2019 | 20:00 Uhr

Walter Thaler • Pongauer! Lebens- und Leidenswege in der Provinz - 60 Portraits

Walter Thaler - "Pongauer! Lebens- und Leidenswege in der Provinz - 60 Portraits"

Kurztext zum Buch: „Pongauer! Lebens- und Leidenswege in der Provinz – 60 Portraits“

Pongauer! Walter Thaler hat sich nach seinen zwei Büchern über den Pinzgau wieder seinem bevorzugten Themenbereich gewidmet – der Provinz. Er zeichnet darin die Lebens- und Leidenswege von mehr als 60 Persönlichkeiten nach, die aus dem Pongau stammen oder einen wesentlichen Lebensabschnitt hier verbracht bzw. erlitten haben. Diese Personen haben entweder ihr historisches Umfeld geprägt oder sind von ihm vernichtet worden: Menschen also, deren Kraft und Mut oder aber deren Leid und Erniedrigung nicht unberührt lassen. Sie alle durchbrachen die starre Welt der konventionellen Denk- und Lebensformen. Sie waren Anführer der Bauernkriege, Frühkapitalisten, angeklagte Hexer, Staatsmänner, berühmte Schriftsteller, Maler und Schauspieler, glaubensstarke Geistliche und mutige Kämpfer gegen den Nazi-Terror, Wehrdienstverweigerer, große Unternehmer und Architekten. Aber auch junge aufstrebende Gestalter unserer Zeit und deren Kultur werden vorgestellt. Der Leser findet in diesem Buch nicht nur Lebenswege, die Vorbild sein könnten, sondern auch Leidenswege einer aus den Fugen geratenen Welt. Wie so oft, wenn das Private auf das Politische trifft, entstehen Helden oder Monster, Opfer und Täter. Vor dem historischen Hintergrund werden sie in ihren zeitgenössischen Bedingtheiten und in ihren persönlichen Höhen und Tiefen behandelt. Alle Lebenswege und Schicksale über sechs Jahrhunderte hinweg verbinden sich zu einem Zeitgewebe, das Geschichte fassbar und anschaulich macht. Die dokumentarisch-literarischen Portraits fußen auf historischem Quellenmaterial, sind aber spannend erzählt.

Zum Autor

Dr. Walter Thaler, gebürtiger St. Johanner, Matura am hiesigen Gymnasium, war Germanistikprofessor und Direktor am Gymnasium in Zell am See und ist ein profunder Kenner und Freund der österreichischen Gegenwartsliteratur. Walter Thaler kennt auch die Politik und zwar von verschiedenen Seiten: Er war Regionalpolitiker > Vize-Bürgermeister in Zell am See, Landtagsabgeordneter und zweiter Präsident des Sbg. Landtages und hat auch Politologie studiert. Seit seiner Pensionierung im Jahr 2000 schreibt er selber Bücher. Dr. Karl Müller, gebürtiger Tennengauer, ist Prof. für Neuere deutsche Literatur an der Uni Salzburg, Vorsitzender der Theodor Kramer Gesellschaft (Wien) und bis 2011 auch des Sbg. Literaturhauses; Karl Müller ist Mitglied des österr. PEN-Clubs und Leiter des Online-Projektes „Österreichische Schriftstellerinnen und Schriftsteller des Exils seit 1933“ sowie Mitglied des Zentrums für jüdische Kulturgeschichte und des 2008 gegründeten Stefan Zweig Centre der Uni-Sbg. Dazu ist er selber als Schriftsteller sehr aktiv und hat u.a. über K.H. Waggerl, Ödön v. Horvath, Jiddische Literatur in Österreich, Stefan Zweig u.v.a. publiziert. Das ist allerdings nur ein kleiner Ausschnitt aus den Publikationen. Dazu gibt es von ihm noch eine Menge wissenschaftlicher Aufsätze / Beiträge in verschiedensten Medien. Karl Müller hat das untenstehende Vorwort zum neuen Buch von Walter Thaler verfasst. Vorwort von Univ. Prof. Dr. Karl Müller zu “Pongauer! Lebens- und Leidenswege in der Provinz – 60 Portraits” Geht es Ihnen auch so wie mir? Müssen Sie auch nachfragen, um wen es sich handelt, wenn Sie etwa folgende Namen hören: Ulrich Dienstl? Jakob Koller? Maximilian O’Donell von Tyrconell? Andreas Rieser? Felix Gredler? Auch mit vielen anderen Namen, die ich in Walter Thalers neuem Buch entdecke, geht es mir so – wer sind sie, wer waren sie? Und was haben diese Menschen mit dem Pongau tun? Walter Thaler versieht den Titel seines neuen Buches mit einem Ausrufezeichen „Pongauer!“ Lest doch, schaut her, so will er sagen, erinnert Euch doch, vergesst nicht, macht Eure Augen auf! Es hilft Euch, die Wirklichkeit neu zu sehen. Auch der Pongau ist nicht aus der Welt gefallen: Auch in ihm spiegeln sich die aberwitzigen Zeitläufte unserer Welt und sind am Beispiel von vielen außergewöhnlichen Lebensläufen – großartigen wie schrecklichen, dem Menschengeschlecht würdigen wie schändlichen – nachlesbar und erfahrbar. Auch der Pongau ist weder heile Welt noch provinzielles Abseits. Er ist Spiegel des Allgemeinen im Überschaubaren der sogenannten Provinz. Walter Thaler führt eine klare, ungeschminkte, volksbildnerische Feder, die jeder/jedem, der guten Willens ist, zugänglich sein sollte. Und welch immensen Ertrag bietet Thaler? Wir lernen unsere nähere Heimat neu kennen, ganz neue Blickwinkel tun sich auf, indem uns Leben und Wirken, humane Größe und menschliche Abgründe zahlreicher Personen als Kinder ihrer Zeiten in beeindruckenden und z. T. bewegenden Porträts veranschaulicht werden. Dies beruht immer auf der Basis gründlicher Recherche und zeigt immer enormes Einfühlungsvermögen in alle nur denkbaren Schicksale. Sprachlich geschieht es zugleich in wohltuend unaufgeregter Weise, was die Wirkung intensiviert, einerseits die Begeisterung und andererseits das Entsetzen über das Erzählte, immer aber das Staunen angesichts des von Walter Thaler Dargestellten. Das sind keine dürren Lexikonartikel, sondern pralle Lebensbilder von Menschenschicksalen – jeweils als Teil und zugleich als menschliche Wirkkräfte im Zusammenhang mit ihrer jeweiligen Zeit und der sie umgebenden Gesellschaft. Sie alle hatten und haben es mit der „aus den Fugen“ geratenen Welt zu tun, wie Thaler überzeugt ist. Oder, wie es heißt: „Denn Geschichte ist nichts Abstraktes und schon gar nicht die bloße Aneinanderreihung von Geschehnissen, sondern die unauflösliche Verflechtung von vielen Einzelschicksalen. […] Es wird daher kein fertiges Geschichtsbild vorgesetzt.“ Von einem „Zeitgewebe, wodurch Geschichte fassbar wird“, spricht er, von dem Versuch eines „Kaleidoskops“. Das neue Pongau-Buch Walter Thalers ist die Fortsetzung eines seit mehreren Jahren betriebenen Erkundungs- und Schreibprojektes des Autors, das den Salzburger „Provinzen“ ein neues, geschichtsträchtiges Antlitz gibt – jenseits aller sonst üblichen und öden Provinz-Klischees. Inzwischen haben sich in Walter Thalers Archiv mehr als 200 Lebensgeschichten angesammelt, von denen bisher die meisten in drei Büchern seit 2015 nachzulesen sind: Das Projekt startete mit über 40 Porträts von Künstlerinnen und Künstlern aus dem Pinzgau, gefolgt 2017 von ca. 60 mit dem Pinzgau verbundenen Darstellungen von „Helden – Narren – Pionieren“. Nun weitet sich Thalers Blick: Der Pongau, die Geburtsheimat des Autors, bekommt ein neues, verlebendigtes Gesicht. Wie in den Pinzgau-Büchern handelt es sich – weit über die Einzelporträts hinausgehend – um eine aufregende Geschichtslektion seit dem 15. Jahrhundert bis in die unmittelbare Gegenwart. Jede Leserin, jeder Leser wird sicherlich auf Neues, Unbekanntes, Nie-Gehörtes, Vergessenes, Verdrängtes oder Vertuschtes stoßen. So werden die unterschiedlichen Interessen auf je spezifische Weise befriedigt: die hauptsächlich wirtschafts- und gesellschaftspolitisch Interessierten hier, die eher Kunst- und Kulturinteressierten dort. Aber immer sind beide Dimensionen präsent und die eine ohne die andere nicht denkbar. Es wäre nicht der für geschichtliche und aktuelle Verwerfungen äußerst sensible Autor Walter Thaler, wenn er seine „Lebens- und Leidenswege in der Provinz“ nicht mit beklemmenden Überblickskapiteln anreichern würde: Sie erzählen etwa von „Gastein“, dem ehemaligen „Monte Carlo der Alpen“, und seinem, auch selbstverschuldeten Niedergang ebenso wie von der skandalösen „Vertreibung der Lutherischen“ durch einige von Salzburgs katholischen Kirchenfürsten noch im 18. Jahrhundert. Auch von den Vertreibungen und den Ermordungen von „Juden, Zeugen Jehovas und politischen Gegnern“ durch das NS-Regime und jenem bis heute nicht geheilten, ja geradezu – in Zeiten der Globalisierung und neoliberalistischer Ideologie – neu infizierten Zivilisationsbruch ist die Rede, der auch den Pongau nicht verschonte und verschont. Welch eine aufrüttelnde Erzählung! Was Thalers neues Buch erneut vermittelt: Wer bzw. was nicht erinnert wird, ist in der Gruft des Vergessens begraben. Dieser Prozess scheint unausweichlich, ist aber ein von Menschen konstruierter – aus welchen Gründen immer und zu welchen Zwecken immer betrieben und bewerkstelligt. Aber wer und was erinnert bleibt – dies ist Walter Thalers geschichtswissenschaftliche und volksaufklärerische Motivation – ist lebendige Mahnung. Denn große Menschen, egal aus welchen Schichten sie kamen und kommen, bleiben solche, auch wenn man dies wegen ihrer Größe nicht wahrhaben mochte und mag – ihnen zollt Thalers Buch den würdigen Respekt. Sie sind uns mahnendes Vorbild. Das Buch verschließt sich aus sehr guten Gründen auch nicht jenen, die man aus falsch verstandener Rücksichtnahme, etwa nicht-eingestandener Scham unentwegt verschweigt, weil sie elendigliche Exemplare der menschlichen Gattung darstellen und die jedes nicht-bestochene Menschheitsgericht zu lebenslanger Haft und Buße verurteilen würde. Sie sind erschreckende Mahnung. Salzburg, im Jänner 2019

Eintritt
Frei